Pasing - ein historischer Rückblick


Schon in der Bronzezeit, also ca. 2000 Jahre v. Chr., regte sich menschliches Leben auch in den nachmaligen Pasinger Fluren, wie freigelegte Hügelgräber südöstlich des Friedhofs und in der Waldkolonie (Dachstraße) bekunden. Andere Gräberfunde, sowohl im Süden (an der Planegger Straße) als auch im Norden Pasings (in der Villenkolonie I), deuten auf bajuwarische Besiedelung der Gegend um 800 n. Chr. hin.

Daß nun der Vorgängerbau des ersten Pasinger Schlosses auf der Würminsel ein römisches Kastell gewesen sei, ist eine historisch nicht gesicherte aber mögliche Vermutung. An der Heerstraße von Juvavum (Salzburg) nach Augusta Vindelicum (Augsburg), dem Kreuzungspunkt eines Nordsüdweges entlang der Würm und an einer Furt gelegen, dürfte die Ursiedlung in römischer Zeit jedoch etwas Bedeutung erlangt haben, wie Funde (Münzen, Lämpchen, Brandgräber) bei Ausgrabungen zeigen.


Schloß und Hoff-March Passing"  (Stich von Michael Wening, 1701)


Die Aussage, daß Pasing seinen Namen von einem Sippenführer "Paoso"   oder "Paso"  oder gar "Poaso"   habe, ist ebenfalls eine reine Vermutung früherer Namensforscher.

Man nimmt an, daß sich im 6. Jh. eine größere Sippe niedergelassen, die alte Siedlung im Bereich des späteren (Insel-) Schlosses und der alten Kirche übernommen hat, wie das beim Gasthaus "Schweizerhof" (Planegger Straße 14) aufgefundene Reihengräber vermuten lassen. Doch bestand zu jener Zeit, wie weitere Funde aufzeigten, noch eine zweite Siedlung im Bereich des heutigen Wensauerplatzes, die später allerdings verschwunden ist.

Der 29. Juni 763 bezeichnet den Eintritt der Siedlung Pasing in die geschriebene und damit aufgezeichnete, verbürgte Geschichte. Ein Reginperht stattet mit Einwilligung seines Bruders Irminfrid und ihrer Vettern Otilo und Croso die von ihm gegründete Kirche zu Scharnitz mit "... zuvörderst meinen ... gesamten Besitz in Pasing (2 Höfe) und Gräfelfing ..." aus (Text aus dem Lateinischen übertragen).

Irminfrids Sohn Lantfrid war damit nicht einverstanden. Er riß die Güter an sich und forderte den Zehent ein. Der Streit wurde auf einer öffentlichen Versammlung zu Freising geschlichtet. Zunächst nur zufrieden, zeigte sich Lantfrid später sogar gewillt, sein Recht zu Gunsten des Freisinger Bischofs Atto abzugeben. So geschah es, daß ein Teil von Pasing 802 für das nächste Jahrtausend unter die Oberhoheit des Hochstifts Freising kam. Ein weiterer Teil von Pasing gehörte dem Landesherrn (Herzog) und diversen kirchlichen Institutionen (Klöster, Pfarreien).

In den nächsten Jahrhunderten erfolgten eine ganze Reihe von Tausch- und Schenkungsakte über Pasinger Gehöfte, und die  "Nobiles de Pasingen", die Edlen von Pasing, treten in vielen Urkunden als Beteiligte oder nicht unwichtige Zeugen auf.


Die Kirche Mariä Geburt in Pasing nach der Erweiterung im Jahre 1881,  
Bleistiftzeichnung, 1882, unbekannter Künstler (evtl. Christian Steinicken)


Die Pasinger Kirche "Unsere Liebe Frau" (Mariä Geburt; mit Friedhof) tritt im Jahre 1315 in das Licht der Geschichte mit ihrer Erwähnung als Aubinger Filialkirche. In unmittelbarer Nähe des Würminsel-Schlosses gelegen, mag sie ursprünglich vielleicht einmal als Eigenkirche eines der Schloßherren - eines Freisinger Fürstbischofs? - gegründet und aus unbekannten Gründen an die Aubinger Mutterpfarrei gekommen sein.

Ursprünglich hatte Pasing im Rahmen der übergeordneten Gerichts- und Verwaltungsordnung wohl zur Grafschaft Andechs gehört. Seit der staatlichen Neuorganisation durch die Wittelsbacher Herzöge im 13. Jh. gehörte es zum Landgericht Pähl-Weilheim, schließlich seit etwa 1350 zum Landgericht Starnberg und dessen Unteramt Gauting.

Im Bereich der Orte Laim und Pasing bildete seinerzeit die nach Landsberg führende Landstraße die Grenze zwischen den Landgerichten Starnberg und Dachau. Nach einem Verzeichnis aus der Zeit um 1450 gehörten damals schon ein Hof und sechs Sölden in Pasing zum Landgericht Dachau. Und ein weiteres Kuriosum: Vom Ende des 14. Jh. an bis zum Jahre 1803 (Säkularisation) war die Burg bzw. das Schloß Pasing im Besitz, d.h. in der Oberhoheit der Freisinger Bischöfe, während sich u.a. die Taferne und die Mühle im Besitz des Hauses Wittelsbach, also des Landesherrn, befanden.

Wohl zuvor in unmittelbarer Verwaltung des Hochstifts Freising hatte Heinrich Püttrich aus der ruhmvollen Münchner Bürgerfamilie mindestens schon seit 1371 das Pasinger Schloß als Lehensbesitz inne.

Erst 1528/29 ging der Püttrich'sche Besitz samt 6 ehemaligen Lehen des Heilig-Geist-Spitals München in Pasing in die Hände des herzoglichen Landhofmeisters Christoph v. Schwarzenberg über, der 1531 das Schloß mit Zugehörungen und 1532 die Taferne sowie Mühle und einige Bauernhöfe an die Münchner Bürgerfamilie des Hans Reitmor verkaufte.

Von 1588 bis 1686 war der Gesamtbesitz bei der Familie Neuburger. Erst 1558 wurde Pasing als "Hofmark" bezeichnet, ein förmliches Hofmarkprivileg wurde jedoch noch später, nämlich im Jahre 1596 erteilt.

Das Schloß Pasing mit Zugehörungen wurde 1684 vom Freisinger Bischof dem kurfürstl. Geheimrat Anton Frhr. von Berchem als  "freies Eigentum" überlassen, die Taferne, Mühle und einige Anwesen wurden vom Kurfürsten dem Berchem 1685 zu Lehen gegeben, der Kaufvertrag zwischen dem Neuburger und Berchem datiert allerdings erst vom 7. Dez. 1686 (siehe oben)!

Unter Berchems (gest. 1700) Nachkommen zersplitterte zwar der umfangreiche, über das ganze Würmtal und in Altbayern sich befindliche Besitz, die Hofmark Pasing selbst aber blieb in der Hand der Familie Berchem bis zum Jahre 1814.

Von 1792 bis zu ihrem Tod im Jahr 1798 (in Prag) war Elisabeth Freiin von Schenk zu Castell, in erster Ehe verheiratet mit Carl Theodor Graf von Bettschardt, in zweiter mit Ludwig Graf von Chamisso, kurzzeitig Schloßherrin in Pasing (und Laim, Geiselbullach, Graßlfing sowie Udlding), der Besitz ging allerdings dann an die Berchems zurück.

Mit der Säkularisation von 1803 ging die seit Ende des 14. Jh. bestehende geistliche Grundherrschaft auch über große Teile Pasings zu Ende; die Bauern als bisherige Hintersassen des kirchlichen Besitzes konnten nun Haus und Hof zu entsprechenden Ablösungssummen als freies Eigentum erwerben. Und mit der Säkularisation des Hochstifts Freising ging gleichzeitig die bisherige Oberlehensherrlichkeit der Bischöfe von Freising über das Schloß Pasing an den bayerischen Staat über; die bisherige Hofmarksgerichtsbarkeit des Schloßherrn setzte sich allerdings als sogenannte Patrimonialgerichtsbarkeit fort.


Postkarte: "Die erste Passionisten-Gründung in Deutschland: 'Schloss Gatterburg'. - Pasing vor München 1923."


Desweiteren wurde 1803 ganz Pasing dem neuerrichteten Landgericht München, dem späteren Bezirksamt und heutigen Landkreis München, zugeteilt.

1814 erwarb König Maximilian I. Joseph von der Familie Berchem das (2.) Schloß Pasing, das wohl schon seit den Pütrichs neben dem heute noch bestehenden Gewölbekeller auf der Würminsel stand und auf der Wening-Zeichnung von 1701 erstmals abgebildet ist. König Max ließ das Schloß abreißen und im Bereich der heutigen Gatterburg, auf dem Grund des Reismillerhofs, einen Landsitz - das Prinz-Carl-Schlößchen als 3. Pasinger Schloß - bauen, den er 1817 seinem Sohn Prinz Carl Theodor, dem Bruder des nachmaligen König Ludwig I., schenkte.

Als weitere Besitzer (Eigentümer) folgten 1834 Ritter Felix von Hilz, 1840/41 der Freiherr Karl von Beck (ursprünglich Peccoz; Gründer der Pasinger Papierfabrik) und ab 1862 der Schwiegersohn Becks, der Reichsgraf Franz von Gatterburg, der auch die Beck'sche Papierfabrik als Heiratsgut seiner Frau Pauline übernahm.

Der (Teil-) Gewölbekeller der 1869/70 erbauten "Gatterburg" als 4. Pasinger Schloß dürfte von dem "Prinz-Carl-Schlößchen übernommen worden sein, so wie dieses aus einem Wohnhaus des Reismiller entstanden war.

Ab 1923 wohnte im ehemaligen Gatterburg-Schloß eine Kongregation der Passionisten, die sich noch heute vorzüglich um die Erhaltung und Betreuung der alten Kirche Unsere Liebe Frau (Mariä Geburt) sorgt.

Die Geschichtsschreibung über eine Stadt oder ein Dorf behandelt üblicherweise fast ausschließlich die jeweils zutreffende Herrschaftsgeschichte, wie in unserem Fall die der Pasinger Schlösser und ihrer Besitzer, und gelegentlich noch die Geschichte ihrer Kirchen. Unzertrennlich damit verbunden sind jedoch, lokalhistorisch gesehen, auch die Geschichte und Entwicklung der bäuerlichen Anwesen und die der hier lebenden Personen. Aus Platzgründen ist dies nicht möglich, doch sei hiermit ausdrücklich daran erinnert: Nur Menschen machen Geschichte, nicht umgekehrt!

Die größte und tiefstgreifende Umwälzung des 19. Jahrhunderts war jedoch - neben der "Bauernbefreiung" 1848 - zweifelsohne die Erfindung der Dampfmaschine, die das Leben der Menschen von Grund auf zu verändern begann. Pasing bemühte sich dabei um die sensationellste Errungenschaft, die Eisenbahn. Trotz vielem Für und Wider fauchte bereits 1839 der erste Zug an Pasing vorbei nach Lochhausen. Schon nach einem Jahr waren die Pasinger von der Nützlichkeit dieser Erfindung so überzeugt, daß sie eine eigene Bahnhaltestelle erwirkten. Wohl 1875 wurde der jetzige Bahnhof fertiggestellt, nachdem sich 1854 der Verkehr erweitert hatte durch die neueröffnete Linie über Planegg nach Starnberg und 1872 durch eine weitere Linie nach Fürstenfeldbruck. 1846 richtete die Königliche Post einen Schalter auf dem Bahnhof für die Pasinger Briefschreiber ein.

Die Entwicklung drängte weiter: Das erste (neue) Schulhaus wurde 1859 gebaut (ein "Schulmeister" in Pasing wird schon 1614 erwähnt!). Die Englischen Fräulein kamen 1862 nach Pasing, kauften den "Maierhof" und richteten zuerst ein Waisenhaus, dann ihre Schulen ein. Der "Würmthal-Bote" erschien ab 1880 als erster Lokalanzeiger. Der Ort baute sich 1884 ein (Kreis-) Krankenhaus. Pasing stieg 1881 zum Pfarrdorf auf und errichtete dafür zum Dank die Pasinger Mariensäule. Die ständig stark anwachsende Einwohnerzahl drängte zur baulichen Ausdehnung. Architekt August Exter schuf ab 1892 die "Kolonien" I und II; ihm folgten andere mit Gründungen von Siedlungs- und Eigenheim-Baugenossenschaften.

Johann Kafler ließ sich 1896 die erste Starkstromleitung in sein Anwesen einbauen und regte damit die Bauern und Bürger an, ihre Stuben und Häuser mittels erster Glühbirnen zu beleuchten. Zwei Jahre später, 1898, probierten die Pasinger unzählige Male aus, ob die neue Wasserleitung auch tatsächlich zu jeder Tages- und Nachtzeit Wasser lieferte.

Leder-, Papier-, Malz- und eine chemische Fabrik, eine Modellflugzeugfabrik, Baugeschäfte und Handwerksbetriebe, eine Sparkasse, ja sogar eine Spiritusbrennerei entstanden in diesen Jahren und gaben der Pasinger Bevölkerung Arbeit und Verdienstmöglichkeiten.

Alle diese Gründungen haben das Ortsbild vom dörflichen zum städtischen hin verändert und damit beigetragen, die Voraussetzungen zu schaffen für die Erhebung Pasings zur Stadt am 1. Januar 1905. 

 

Am 16. Juni 1905 erfolgte die feierliche Grundsteinlegung zur neuen katholischen Stadtpfarrkirche "St.Engelbert", die dann nach der Benediktion 1909 zur Einweihung 1918 jedoch "Patrona Bavariae" bzw. "Maria Schutz" benannt werden sollte. Die evangelische Himmelfahrtskirche in der Kolonie II war bereits 1904 eingeweiht worden.


Pasinger Stadtwappen 1908

"Wappen der Stadt Pasing - genehmigt von Sr. K. Hoheit Prinz Luitpold des Königr. Bayern Verweser am 20. Juli 1908."
 "Blason: In Rot ein silberner Zinnenturm auf einer grünen von einem silbernen Flusse umfluteten Insel."


1906 war der Anschluß an die Gasversorgung erreicht, und am 2. Juli 1908 erstrahlten die Hauptstraßen Altpasings, die Landsberger und die Planegger Straße, erstmals im Lichte vieler Gaslaternen. In diesem Jahr fuhr auch der erste Zug der Straßenbahnlinie 29 bis zum Pasinger Marienplatz, wo die 1881 errichtete Mariensäule entfernt worden war, da sie die Bahn beim Wenden behindert habe.

Knaben- und Mädchenschulen, Gymnasium und Lehrerbildungsanstalt entstanden, 1936/37 wurde noch ein neues Rathaus an der Landsberger Straße errichtet, doch ereilte die Stadt Pasing am 1. April 1938 das gleiche Schicksal wie so manche andere Vorstadtgemeinde: Pasing wurde nach München eingemeindet.

Beide Weltkriege, insbesonders aber der II. Weltkrieg, hatten weitreichende und schwerwiegende Folgen für Pasing. Aber man ging daran, die Wunden, die der Krieg geschlagen hatte, zu heilen. Hochhäuser wuchsen aus dem Boden, um die Fliegergeschädigten, Flüchtlinge und ankommende Neubürger aufzunehmen. Neue Siedlungen und Kirchen entstanden, neue Hoffnungen blühten auf und neuer Wohlstand stellte sich durch Fleiß und Arbeit ein.

Erinnerungsvasen anläßlich der Eingemeindung Pasings nach München am 1. April 1938
Links: Nympenburger Porzellan, weiß: "PASING GROSSHADERN - FELDMOCHING VEREINT MIT MÜNCHEN 1.4.1938"
Rechts: Tonvase, braun, aus der Porzellan-Manufaktur München-Allach als "Sonderanfertigung für die Hauptstadt der Bewegung München anläßlich einer Eingemeindung"  mit der Aufschrift"PASING FELDMOCHING GROSSHADERN EINGEMEINDET 1.4.1938"


Pasing, seit 763 im Blickpunkt der Geschichte, lebt auch heute weiter durch seine Bevölkerung, seine Schulen, seine wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Einrichtungen, und nicht zuletzt durch seine Kirchen - nur etwas schneller, als in der "guten alten Zeit".


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